Rezension: In jedem Augenblick unseres Lebens, Tom Malmquist

Titel "In jedem Augenblick unseres Lebens"
Autor: Tom Malmquist
Originaltitel: "I varje ögenblick är vi fortfarande vid liv"
Übersetzerin: Gisela Kosubek
Genre: Roman
Verlag: Klett-Cotta
Erscheinungsdatum: 2017
Seitenanzahl: 301
ISBN: 978-3608983128
Preis: 20,00€ (Gebunden) 15,99€ (E-Book)





"Manchmal denke ich an sie, nicht jede Nacht, aber doch oft, und ich möchte so gerne zurückwandern zu diesem 29. August 2004 und mich neben den Tom setzen, der sie schreibt: Nicht der Regen ist es der fällt, die Seen sind es die sich erheben. Ich hätte nicht die Kraft, ihn zu trösten, aber ich würde ihm sagen, dass diese zwei Zeilen für einen zehn Jahre älteren Tom von großer Bedeutung sind."
("In jedem Augenblick unseres Lebens", Tom Malmquist, Seite 291)



Beschreibung:


Tom und Karin erwarten ihr erstes Kind, als Karin plötzlich schwer erkrankt und ins Krankenhaus eingeliefert werden muss. Das Baby wird per Kaiserschnitt gerettet, während Tom wie in einem Albtraum in den unterirdischen Gängen des Krankenhauses umherirrt. Zwischen Intensivstation und Säuglingsstation, zwischen Leben und Tod. Als er nach Hause zurückkehrt, hat er Karin verloren und ist allein mit einem Neugeborenen. Um sich seiner Trauer zu stellen und seiner Tochter ein Vater zu sein, beginnt er ein Buch zu schreiben.
(Quelle: Klett-Cotta)


Inhalt:


Kurz vor der Geburt ihres Kindes wird Toms Lebensgefährtin Karin schwer krank. Zunächst halten es alle für eine Lungenentzündung, doch bald stellen die Ärzte fest, dass es sich um Leukämie handelt. Um Karins Körper zu entlasten und das Kind zu retten, beschließen sie eine sofortige Geburt per Kaiserschnitt. Obwohl Karin mit Beatmungsgerät kaum sprechen kann, gibt sie Tom zu verstehen, dass ihre Tochter Livia heißen soll. Und Livia überlebt tatsächlich den Eingriff und kommt, wenn auch als Frühchen, gesund zur Welt. Sie kommt in die Neonatologie, wo sie von den Schwestern aufgepäppelt wird. Für Tom heißt das, dass er nun ständig zwischen Livia auf der Säuglingsstation und Karin auf der Intensivstation hin und her rennt und gar nicht mehr das Krankenhaus verlässt.
Zudem verschlechtert sich Karins Situation zunehmend. Sie wird an immer mehr Geräte angeschlossen und wird bald nur noch künstlich am Leben gehalten. Tom rechnet bereits mit dem Schlimmsten.
Natürlich kommen sowohl Freunde als auch Familie ins Krankenhaus um Karin zu besuchen und Tom zu unterstützen. Doch Tom lässt weder an sich noch an Karin jemanden heran. Er schottet sich ab und hört auch nicht auf den Rat der Ärzte das Krankenhaus für ein paar Stunden zu verlassen, um sich selbst eine Pause zu gönnen. Permanent läuft er durch das Krankenhaus, um sowohl bei Karin als auch bei Livia sein zu können. Immer will er genaue Informationen von den Ärzten haben und will als Erster benachrichtigt werden, wenn sich Karins Situation ändert.
Bis schließlich das Unvermeidbare eintritt: Karin stirbt im Krankenhaus und Tom ist nun vor die Aufgabe gestellt Livia ein guter Vater zu sein und gleichzeitig seine Trauer zu verarbeiten.


Meine Meinung:


Ich muss zugeben, dass es eine Weile gedauert hat, bis ich verstanden habe, dass dieses Buch wirklich die Erfahrungen des Autors sind. Es wird nämlich zu keinem Punkt gesagt, dass Toms Geschichte nicht rein fiktional ist. Als ich dann, nachdem ich das Buch beendet hatte, ein Interview mit dem Autor las, wurde mir auch bewusst warum. Tom Malmquist meinte er wolle "keinen Tatsachenbericht schreiben", sondern sein Werk trotzdem "als Fiktion bezeichen"(Quelle: fastforward-magazine).
Besonders hervorzuheben ist bei diesem Buch der Schreibstil. Denn Malmquist beschreibt so gut wie nie die Gefühle seines Protagonisten. Außerdem setzt er bei wörtlicher Rede bewusst keine Redezeichen. Das mag einen künstlerischen Effekt darstellen, mir persönlich hat das aber ein paar Probleme bereitet. Durch den gefühlskalten Schreibstil, konnte ich mich weniger in die Personen hineinversetzen und habe Tom teilweise als sehr abweisend empfunden. Die fehlenden Redezeichen haben es schwieriger gemacht zu erkennen wann wer spricht. Trotzdem bekommt man durch diese Besonderheiten das Gefühl, dass die Geschichte aus der Erinnerung erzählt wird, zu einer Zeit in der Tom seine Trauer bereits teilweise verarbeitet hat.
Ich hatte auch erwartet, dass mehr darüber berichtet wird, wie Tom Livia allein großzieht. In dieses Familienleben, bekommt der Leser jedoch kaum Einblick. Das erste Drittel des Buches spielt nur im Krankenhaus. Weil im Klappentext schon verraten wird, dass Karin stirbt und Livia überlebt, ensteht dort natürlich nicht viel Spannung. Durch die medizinischen Fachbegriffe mit denen sowohl Protagonist als auch Leser überschwemmt werden, wird es zunehmend schwerer Karins Situation folgen zu können.
Nach Karins Tod wird durch einige Rückblicke deutlich, wie Tom und Karin sich kennengelernt haben. Doch auch diese Abschnitte sind sehr gefühlsarm und distanziert.
Trotz alledem besitzt dieses Buch einen erstaunlichen Sog. Neugierig darauf, wie es Tom und Livia ergehen wird, konnte ich es nur schwer weglegen.
Ich muss aber sagen, dass nachdem ich dieses Buch gelesen habe, mir wenig und leider auch wenig Positives im Gedächtnis geblieben ist. Ich hätte mir mehr Gefühl gewünscht, mehr Bezug zu den Personen.

Fazit:

Pro:
Beeindruckende Geschichte
Erstaunlicher Sog

Contra:
Distanzierter Schreibstil
Kein guter Überblick über Situation
Kaum Einblick in Familienleben
Wenig blieb im Gedächtnis

Obwohl ich wirklich Hochachtung vor Tom Malmquist und dem was er durchmachen musste habe, will ich mit dieser Bewertung das Buch als Fiktion betrachten und nicht die erstaunliche Lebensgeschichte, die dahinter steckt, ganz nach den Wünschen des Autors. Daher muss ich leider sagen, dass mir dieses Buch nicht sonderlich gut gefallen hat und ich mir mehr davon erhofft hätte.
Deshalb vergebe ich nur 1,5 Bücher:


3 Kommentare:

  1. Wow, die Story klingt echt schrecklich - ich würde wahrscheinlich die ganze Zeit nur heulen, weil ich sowas immer direkt auf mein eigenes Leben beziehe und mir unweigerlich vorstellen muss, was wäre, wenn... =/

    Die 1,5 Sterne sind zwar etwas abschreckend, aber ich glaube, mir würde der Schreibstil ganz gut gefallen, das mit dem "künstlerischen Effekt" sagt mir total zu.

    Schöne Grüße,
    Caro

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    1. Am Ende muss sich doch sowieso jeder seine eigene Meinung zu einem Buch bilden. ;)
      Was einem Menschen überhaupt nicht gefällt, kann eine anderen ja trotzdem vollends überzeugen. ^^

      Liebe Grüße
      ~ Vanessa von Der Bücherwald

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    2. Das kann ich verstehen, mir geht das auch immer so. Ich muss mir auch immer vorstellen was wäre, wenn sowas mir passieren würde.
      Wenn dir der "künstlerische Effekt" gefällt würde ich dir empfehlen es zu lesen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es dir gefallen könnte. Aber ich muss dich warnen es ist wirklich sehr traurig!

      Ganz liebe Grüße
      Laura

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